Dieses Buch (Roman/Erzählung), das aus einigen wahren Geschichten und einigen Fixationen besteht, habe ich innerhalb von neun Jahren geschrieben. Ich habe alle Ereignisse und Erlebnisse verbunden, assoziiert und im Kontext zur einen einzigen Geschichte zusammengefügt.
Es handelt sich um eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen aus unterschiedlichen sozial und gesellschaftlichen Schichten und Heim- und Straßenkindern, die aus unterschiedlichen sozialen, politischen und gesellschaftlichen Gründen mittellos auf der Straße leben müssen. Wie üblich, versuchen sie erst alles Mögliche, um ihren Alltag zu bewältigen. Nach ein paar schlimmen Ereignissen und Erlebnissen, selbst bestimmten Entscheidungen und Zufällen gelangen sie zur Einsicht, dass sie alle von Menschen gemachten Regeln, Ordnungen, Machtpositionen, Rassen-, Klassentheorien und Traditionen in Frage stellen. Sie ersetzen und vernichten mit rationalen Gründen viele Regeln, die für unser Zusammenleben "notwendig" waren oder sind. Ab dann leben sie nach ihren selbstgemachten Regeln, die aus fairen und sozialen Emotionen und Gedanken entstanden sind. Sie versuchen ohne direkte und indirekte Gewalt zu leben. Sie stoßen so in ihrem Umfeld auf Abneigungen seitens ihrer GegnerInnen und neue Konflikten, die ihnen das Leben noch schwerer machen. Sie erfahren ab dann alle Formen von Repressionen Seitens der MachthaberInnen so wie Drohungen, Entlassungen, Beschimpfungen, Abschiebungen, körperlich, und psychische Verletzungen, Inhaftnahmen bis zur Ermordung. Indem Prozess entsteht ihr neues Ziel ihrem Leben einen" Sinn" zu geben und so das Leben den MachthaberInnen (MachtbesatzerInnen), den Reichen( Geldreichen) den RassistInnen, den FanatikerInnen und deren KomplizInnen schwer zu machen. Am Schluss entwickelt sich das Ganze zur einen weltweiten sozial-, politischen Bewegung.
Das Buch hat 797 Seiten.
„Amissa, renn schneller. Sie werden uns umbringen, wenn sie uns erwischen“, sagte
Shaan.
Amissa und Shaan waren zwei Vierzehn- und Sechzehnjährige. Sie waren bis vor Kurzem Mitglied der Angelgangster, eine skrupellose Bande wie alle anderen Geldorganisationen, die großen Einfluss in der
sozianischen Gesellschaft hatte.
Amissa musste für sie ihren Körper sexuell an ältere Erwachsene verkaufen, und Shaan musste für sie Drogen
verkaufen und töten. Dafür bekamen sie von der Bande eine Unterkunft, Klamotten, Taschengeld und Nahrung. Shaan hatte keine Eltern. Soweit er zurückdenken konnte, war er immer allein. Amissa und
Shaan hatten sich durch Konsum von Fernsehserien, Spielfilmen, Büchern, ihr Umfeld und Medien entschlossen, eine Gangsterkarriere zu machen, um ganz schnell zum großen Geld zu kommen.
„Ich kann nicht mehr rennen. Mein Bein tut weh. Ich habe viel Blut verloren. Ich brauche dringend Hilfe, Shaan“, sagte Amissa
weinend....
„Was mach ich hier? Was bin
ich? Wo bin ich? Wie und woher bin ich hierhin gekommen? Was sind alle diese Dinge? Warum? Was? Wer? Wie? Wann? Und so weiter.“
Die Farbtöne der Umgebung änderten sich je nach den Licht- und Luftverhältnissen.
Alles bewegte sich. Der Wind rauschte. Es gab so viele Geräusche und Gerüche in der Luft.
Das Kind bewegte sich immer noch auf derselben Stelle und beobachtete seine Umgebung. Es bewegte sich hin und her. Es drehte
sich.
Es tastete ganz vorsichtig alles, was es in seiner Nähe fand.
Es war sehr neugierig, trotzdem wollte es sich erst mal nicht von der Stelle fortbewegen, an der es sich befand.
Nach einer kurzen Zeit und nach viel Nachdenken über die Umgebung, sein Dasein und seine Fragen, entschloss es sich fortzugehen.
Es war weniger sein Entschluss, was es dazu brachte, sich fortzubewegen, sondern mehr ein großer innerer Drang.
Auf einmal stand es an einem Fluss und fragte sich laut: „Wo bin ich?“
„Du bist am Fluss“, antwortete ihr ein Kind, das in der Nähe war, an einem Baum saß und ihre Frage zufällig mitbekam.
„Wer bist du?“, fragte das Kind....
„Heute hast du kaum geredet. Du wirkst sehr bedrückt“, antwortete Lee, der zwei Jahre älter war als der vierzehnjähriger Kamon.
„Ich weiß es nicht, Lee.
Ich möchte weg von hier. Ich halte es nicht mehr aus“.
„Weg? Wohin? Bist du verrückt geworden? Du bist jetzt seit zwei Jahren hier. Wohin? Denkst du, woanders könntest du besser leben? Überall ist es für die Nichts- Besitzer gleich.
So eine gute Arbeit wirst du nie wieder
finden.“
„Lee, was sagst du da? Sie geben uns zwei Mahlzeiten und einen Zwanziger monatlich. Mit dem Geld können wir nicht mal ein Paar Schuhe kaufen. Dafür sägen, schleifen und tragen wir die Steine zehn Stunden täglich, damit sie ihre Tempel, ihre Häuser und ihre Paläste dekorieren können. Das nennst du gute Arbeit?, fragte ihn Kamon.
„Was willst du sonst
machen? Andere Kinder wie du und ich leben noch schlimmer.“
„Das stimmt. Ich habe gehört, dass eine Organisation aus den Geldreichenländern Kinderarbeit verbieten will. Sie haben durch ihre Regierung einen großen Einfluss auf die Regierung
hier“, sage Ramzi, die auch vierzehn Jahre alt
war.
„Diese Asozialen! Was denken sie sich dabei? Und wie sollen wir denn ohne Arbeit überleben? Ihre Industrie und ihre Wirtschaft rauben uns mit ihren Scheingeschäften durch die hiesige Regierung aus, und die Geldreichen von hier rauben unsere Ressourcen und unsere Produkte. Sie verursachen und unterstützen die Kriege in der Region, und manchmal marschieren sie sogar auch mit ihnen mit. Nach dem Krieg bauen sie das Land mit ihren Fachleuten und Produkten wieder auf. Dann setzen sie wieder eine neue Regierung ihrer Wahl an die Macht, damit sie weiterhin rauben können. Das reicht ihnen nicht, jetzt wollen sie auch ihre Esoteriker und Sozialarbeiter durch unser Elend Gewinne machen lassen. Ich glaube, unser Elend, durch sie und ihre Mitarbeiter von hier, ist Objekt ihrer Begierde in jeder Beziehung“, erklärte ihnen der achtzehnjähriger...
„Ich bin krank, mein Junge. Das
ist eine Krankheit, was ich habe. Das haben viele Psychologen mir gesagt“, sagte Müller weinend.
„Also gibt es Leute, die von deinen Untaten wissen? Diese Drecksäcke! Sie sind auch deine Mittäter, weil sie einen Vergewaltiger auf hilflose Lebewesen loslassen. Sie sind leider nicht hier, sonst hätte ich sie auch bestraft“; sagte Kamon.
Während des Wortwechsels hatte sich der Müller unauffällig und ohne, dass Kamon es merkte, an Kamon herangeschlichen. Er sprang auf Kamon und zog ihm die Pistole aus der Hand. Schlug ihm mit der Pistole so auf den Kopf, dass Kamon gegen das Bett knallte und auf den Boden fiel. Er beugte sich über Kamon und schlug weiterhin mit der Pistole in sein Gesicht.
„Du kleiner dreckiger Ratte hast meinen besten Freund umgebracht. Und jetzt? Hast du immer noch die große Klappe? He, warum sagst du nichts?“
Kamon spuckte ihm ins Gesicht.
„Renn, Badria. Renn aus dem Haus“, schrie Kamon ganz laut.
Währenddessen hatte Badria sich aus der Küche ein Küchenmesser geschnappt….
„Nein, wenn ich mich nach dem
Tod an nichts erinnere und wenn ich danach nicht mehr fühle und nicht mehr das bin, was ich jetzt bin, dann habe ich keine Angst mehr vor dem Tod.
So gesehen ist die Geburt der Beginn des Todes, und sie gehören beide zum Leben. Der Zustand vor meiner Geburt hat für mich nicht existiert. Demnach habe ich bis zum Zeitpunkt meines Daseins auch
nicht existiert. Ich kann mich an nichts vor meiner Geburt erinnern. Ich hatte auch keine Angst vor meiner Geburt. Ich habe Angst vor dem Alleinsein, vor der Flucht, vor Umweltkatastrophen, vor
Hunger, vor Schmerz und Krieg, die mein Leben bedrohen könnten, und vor den Soldaten und Soldatinnen, die andere Lebewesen aus Habgier und Spaß vernichten. Der Tod gehört doch zum Leben, wie Sie es
uns gerade erklärt haben. Nein, vor der Geburt und vor dem Tod habe ich überhaupt keine Angst“,....
Chang lebte an der Müllhalde.
Er war einer der Ältesten seiner Gruppe. Er war neunzehn Jahre alt. Er hatte, soweit er sich erinnern konnte, keine Familie und war auf der Straße aufgewachsen. Er lebte mit einer Gruppe von Kindern
am Rande von Soziana in der Nähe einer großen Müllhalde. Sie halfen sich gegenseitig und ernährten sich von dem, was sie auf der Müllhalde fanden. Außerdem sammelten sie auf der Müllhalde
verwertbares Material, wie Kupfer, Metalle, Plastik, Pfandflaschen und andere Gegenstände und verkauften sie in der Stadt. Manchmal, wenn sie keine Beute von der Müllhalde hatten, teilten sie sich in
viele Gruppen auf und machten sich auf den Weg in die Innenstadt, um zu klauen. Sie klauten nur in den ganz großen Geschäften. Sie wollten nicht von den Geldarmen klauen. Die Älteren, wie Chang,
putzten Schuhe und Autoscheiben. Da bekamen sie manchmal ein bisschen Geld, und damit hätten sie irgendwie überleben können, wenn sie nicht ständig von der Polizei und Ordnungshütern verfolgt worden
wären. Ihr ganzes Leben bestand aus ständiger Verfolgung. Im Sommer war zumindest das warme Wetter auf ihrer Seite. Im Winter machten ihnen nicht nur der Hunger und die Verfolgung zu schaffen, es kam
auch die Kälte dazu. Es gab viele Kindergruppen auf der Welt, die so um ihr Überleben kämpften. Die Gruppe, in der Chang lebte, hatte etwa dreißig Mitglieder. Die Zahl der Mitglieder änderte sich
ständig. Manche verschwanden für immer. Manche tauchten nach einer Weile wieder auf. Sie waren im Gefängnis gewesen oder hatten woanders bessere Möglichkeiten zum Überleben gesucht. Manche von ihnen
starben an Krankheiten, die meistens durch den Mangel an ausgewogener Ernährung und Hygiene und durch Kälte hervorgerufen wurden. Ein paar von ihnen wurden auch durch die Todesschwadronen der Polizei
gezielt ausgesucht und ermordet, weil sie nach der Meinung der Bürgerlichen nicht in dem Stadtbild passten....
„Ich möchte wie ihr eine Schule
besuchen und ein normales Leben führen“, sagte die Namenlose.
„Weißt du, meine Eltern haben sich schon vor einiger Zeit bei den Behörden informiert, ob du die Schule besuchen könntest. Die sozianische Behörden haben ihren Anmeldeantrag mit der Begründung
abgelehnt, dass du keine sozianischen Papiere besitzt“, erklärte ihr Chauin.
„Aber warum haben mir deine Eltern nichts davon erzählt?“,
fragte die Namenlose.
„Sie wollten dich damit nicht noch mehr belasten. Du kannst, wenn du möchtest, morgen mit ihnen darüber sprechen. Gute Nacht. Ich liebe dich sehr“, sagte Chauin.
„Gute Nacht, Chauin. Was bedeutet denn genau Lieben?“, fragte die Namenlose.
Chauin lachte.
„Hätte ich dir doch erst morgen gesagt, dass ich dich liebe, dann müsste ich es dir nicht jetzt erklären. Liebe ist das schönste und höchste Gefühl, das man/frau für andere empfindet. Wie soll ich es dir erklären? Liebe ist, dass man/frau bereit ist, für die oder den Geliebten alles zu tun, dass man/frau die oder den Anderen für immer bei sich haben möchte und dass man/frau alles mit dem/der Geliebten teilt. Dieses schöne Gefühl kann man/frau für seine/ihre Familie, seine/ihre FreundInnen und alle anderen empfinden“, erkläre Chauin.
„Und du empfindest das alles für mich?“, fragte die Namenlose mit glänzenden Augen. „Ja“, antwortete Chauin.
„Das ist wirklich ein hohes Gefühl. Ich fühle mich jetzt sehr viel glücklicher. Ich liebe dich auch sehr. Gute Nacht, Chauin“, sagte die Namenlose....
„Na ja, wenn ihr ein bisschen
älter werdet, dann könnt ihr arbeiten. Und wenn es nicht genügt, dann werden wir den Geldreichen das Geld wegnehmen, das sie sowieso von den Geldarmen geklaut haben, und weiterhin wertvolle Dinge in
der Müllhalde finden und verkaufen. Dann haben wir irgendwann genug Geld zum Leben“, antwortete Chang.
„Oh, das wäre so schön. Dann kaufen wir ein ganz großes warmes Haus. Und alle Kinder der Welt, die kein Zuhause haben, können bei uns leben“, sagte Sarit mit strahlenden Augen. „Ja, versprochen
Sarit, das werden wir tun“, sagte Alou.
„Aber das ist doch nie möglich. Warum versprichst du ihr so was?“, sagte der neunjährige Siran entäuscht.
„Wieso denn nicht? Warum glaubst du denn Alou nicht?“, fragte
Sarit den Siran.
„Weil es auf der Welt Millionen Kinder gibt, die im Elend leben und kein Zuhause haben.
Sie werden in kein Haus der Welt reinpassen“, antwortete Siran.
„Das stimmt nicht, was du sagst. Wir werden ein ganz großes Haus bauen, in das alle Kinder ohne Zuhause reinpassen. Stimmt’s, Alou?“, widersprach ihm Sarit und suchte bei Alou Unterstützung.
„Ja, klar erreichen wir es, Sarit. Wir werden das größte Haus
der Welt bauen, in das alle obdachlose Kinder der Welt hineinpassen, und in dem es Tausende von Kühlschränken gibt, gefüllt mit essbaren und trinkbaren Sachen, damit keine/r mehr hungert“, sagte
Chang.
In diesem Moment gab Alou dem Siran mit den Augen ein Zeichen, dass er nicht weiter nachdenken sollte.
„Siehst du, Siran.
Es stimmt, was ich sage“, erklärte Sarit selbstbewusst.
„Na ja. Das stimmt. Das werden wir machen. Ich habe mich wohl
vertan“, sagte Siran.
„Chang, meinst du, wird jetzt die Polizei meinen Garten kaputt machen?“, fragte der elfjährige Nanako traurig und
besorgt....
„Herr Zer Ali, Sie müssen vor uns keine Angst haben. Wir suchen eine Freundin von uns, die hier an der Müllhalde gelebt hat. Seit gestern fehlt jede Spur von ihr. Haben Sie vielleicht eine Ahnung, wo sie sein könnte?“, fragte Chauin freundlich.
„Sie haben ihre Häuser kaputt gemacht. Ich habe es selbst gesehen. Die Kinder haben nichts getan. Die Kinder haben mir immer zu essen gegeben. Bestimmt hat die Polizei sie deswegen von hier verjagt. Die armen Kinder, sie haben wirklich nichts Böses getan. Sie sind jetzt bestimmt sehr hungrig. Die armen Kinder.“
Herr Zer Ali lief nervös und unruhig hin und her und wiederholte: „Sie haben niemandem was getan.“
„Bitte beruhigen Sie sich. Den Kindern geht es gut“, versicherte Tarun ihm.
Herr Zer Ali drehte sich um und ging vor sich hin flüsternd davon...
Khabat sang diese sanfte und
melancholische Melodie, die vom Rauschen des Windes und von Grillengesang begleitet wurde. Das Gedicht hatte ein Vater für seine kleine Tochter geschrieben, während er im Gefängnis auf seine
Hinrichtung gewartet hatte. Er hatte, wie nur wenige Lebewesen, für die Freiheit und gegen jegliche Ausbeutung und Unterdrückung
gekämpft.
Die Sterne flimmerten ihnen zu und immer wieder waren Sternschnuppen am Himmel zu sehen. Aber sie wünschten sich dabei nichts, wie es sonst bei den meisten Lebewesen üblich war. Sie hatten schon längst begriffen, dass solche Rituale und Traditionen Aberglauben sind. Aber sie genossen das Naturschauspiel mit all ihren Sinnen.....
„Und jetzt habe ich die Ehre,
Ihnen die nächste Rednerin anzukündigen. Sie entstammt der ehrenwürdigen und bekannten Familie von Hausen, die sowohl in der Vergangenheit als auch heute unserem Vaterland stets zur Seite stand und
steht. Voller Stolz stelle ich Ihnen Elisabeth von Hausen vor, Führerin der Gruppe, die heute eine Säuberungsaktion durchgeführt
hat.“
Alle klatschten, als Elisabeth von Hausen an das Rednerpult trat.
„Kameraden, Kameradinnen, liebe Gäste, meine Freunde und ich
haben eine kleine Tat für unser Vaterland vollbracht. Wir haben ein kleines Stück unseres Vaterlandes von Besatzern befreit. Das ist nur der Anfang. Wir dürfen nicht ruhen, bis der letzte Fremde
unser Land verlassen hat. Kampf den Fremden. Das gilt für alle Sozianer. Arm oder reich spielt keine Rolle. Soziana, unser Vaterland, ist und bleibt für uns alle das Wichtigste.“
Alle erhoben sich von ihren Sitzen, klatschten und schrien im Chor „Soziana über alles, Soziana über alles“.
„Sie gehörte nicht hierher. Sie ist dahin gegangen, wo sie hingehört. Wir haben in unserem Land genug Probleme, um die wir uns kümmern müssen, wie zum Beispiel unsere krebskranken Kinder, unsere Wälder, die Emanzipation unserer weiblichen Bevölkerung und vieles mehr. Da wollen wir uns jetzt nicht auch noch mit Problemen der Fremden beschäftigen….
„Ich kenne die Nachtduftbergkinder. Dich habe ich noch nie bei ihnen gesehen. Wer bist du wirklich?“
„Ich bin neu bei den Nachtduftbergkindern. Ich war bis vor einigen Tagen Mitglied der SSkinder von Soziana.“
„Okay, mein Junge. Das freut mich für dich.“
„Schwester Ana, bringen Sie uns zu Chang. So können wir alle zusammen zu den Nachtduftbergkindern.“
„Chang? Wo ist er? Das ist unmöglich! Er liegt doch im Krankenhaus und wird von Polizisten bewacht“, fragte Costa überrascht.
„Er sitzt in meinem Auto eine Straße weiter. Es ist eine lange Geschichte. Wir müssen uns beeilen. Ihm geht es nicht so gut. Kommt schnell! Ich höre die Sirenen der Polizei und der Krankenwagen“, drängte Schwester Ana.
„Aber wir können Herrn Izun nicht allein lassen“, sagte Costa.
„Wer ist Herr Izun?“, fragte Frau Natascha.
„Er ist der Gärtner von Jales Eltern und bewacht deren Villa. Er hat die Nachtduftbergkinder nach deren Flucht aus der Kanalisation in der Villa untergebracht.
Er ist einer von uns. Er ist mit seinem Wagen gegen das Polizeiauto gefahren, damit wir fliehen können“, erklärte Costa...
Es war eine eiskalte und ruhige
Nacht. Der Himmel war wolkenfrei und glasklar. Der Mondschein erhellte die ganze Oberfläche.
Je nachdem, wer dieses Naturereignis wahrnahm, war es eine fantastische, traumhafte Nacht oder eine grausame, gefühllose...
„Was ist passiert? Wo sind wir, Chauin?“, fragte Tarun und rieb sich die Augen.
„Ich bin froh, dass du wieder zu dir gekommen bist. Ich dachte schon, du wärst tot.“
„Mich kriegt keine/r so schnell tot“, sagte Tarun.
„Du bist wirklich unglaublich. In jeder Lage hast du dein
freches Mundwerk. Wir sind in diesem dunklen Raum eingesperrt. Niemand antwortet auf unsere Hilferufe.“
„Wahrscheinlich bin ich durch dein Geschrei wieder zu mir gekommen“, sagte Tarun lächelnd.
„Bitte, Tarun, ich habe schreckliche Angst. Wer sind diese Maskierten? Was haben sie mit uns vor?“, fragte Jale
ängstlich.
„Das weiß ich auch nicht. Aber sie haben bestimmt keine guten
Absichten“, antwortete Tarun.
Während sie sich Gedanken über ihre Lage machten, ging eine kleine Klappe an der Tür
auf.Eine Hand schob eine Schüssel mit Suppe herein.
„Bitte sagen Sie uns, was Sie mit uns vorhaben. Wer sind Sie?
Warum halten Sie uns hier gefangen? Wir wollten nur unsere Freundin suchen, die verschwunden ist“, fragte Jale.
Die Person antwortete nicht und machte die Klappe zu.
„Könnten Sie uns bitte zumindest sagen, wo wir sind?“, fragte
Chauin.
„Könnten Sie uns ein paar Decken geben? Hier ist es sehr kalt“, schrie Jale.
„Vielleicht können wir flüchten“, sagte Tarun.
„Es ist unmöglich. Die Soldaten sind bewaffnet. Die Wände sind ganz massiv. Die Tür ist aus Stahl. Wie willst du denn flüchten?“, fragte Jale.
„Ich weiß es nicht. Irgendwas müssen wir doch machen“, antwortete Tarun.
„Tarun, während du bewusstlos warst, haben wir immer wieder Schreie gehört. Es waren Schmerzensschreie. Wir glauben, dass jemand gefoltert wurde“, berichtete Jale.
„Wo sind wir? Was wollen sie von uns?“, fragte Tarun...
Sprachen sind nur Werkzeuge der
verbalen Kommunikation. Sie besitzen keine Psyche. Ob wir weltweit in einer oder mehreren Sprachen miteinander kommunizieren, hat gar keine Bedeutung. Hauptsache, wir können uns untereinander damit
verständigen.
Essweisen, Klamotten, Tanzweisen, klimatische Bedingungen, Bauweisen und so weiter sind Geschmacks- und Gegebenheitssache. Das macht uns nicht zu anderen Lebewesen. Wir sind gleicher als gleich, auch
wenn unsere Geschmäcke, je nach den Gegebenheiten unserer Umwelt, verschieden sind. Das ist sogar innerhalb einer kleiner Familie so. Das soll auch logischerweise für die große Weltfamilie
gelten.“
Alle DemonstrantInnen jubelten: Freiheit, Freiheit.“
„Wir haben uns für heute eine kleine Aktion ausgedacht. Wir wollten damit allen und den uns Gleichgesinnten zeigen, dass wir uns von den veralteten, konservativen Macht- und Hasssymbolen verabschieden. Und dass wir es wirklich ernst meinen. Gleich, was passiert, treffen wir uns nächste Woche wie vereinbart wieder hier. Bringt bitte die Waschlappen nach vorne auf die Bühne“, sagte Tabara.
Akihiko, Tesha, Samija und ein paar andere gingen mit der
sozianischen Flagge, die die drei Farben Gelb, Rot und Schwarz zeigte, und den anderen Länderflaggen auf die Bühne. Die Farben Gelb, Rot und Schwarz ihrer Waschlappen, also ihrer Flagge, hatten sie
nach den Farben der Uniformen ihrer Krieger ausgesucht. Sie begossen alle Flaggen beziehungsweise alle Waschlappen mit flüssigem Brennstoff und zündeten sie an.
Alle, die dort versammelt waren, jubelten und klatschten....
„Schieß auf ihn“, schrie Turgay.
„Ich kann nicht. So
werden wir alle Tempelaner hierherlocken”, entgegnete Lale.
Dann jedoch schnappte sie sich eine Holzstange und schlug sie dem Wächter mit voller Wucht auf den Kopf. Der Wächter verlor durch den Schlag fast sein Bewusstsein. Alou riss ihm die Pistole aus dem
Gürtel und stand auf. Turgay holte eine Wäscheleine und gemeinsam mit Alou fesselte er den Wächter. Der Wächter wiederholte währenddessen leise: „Gott ist groß, Gott ist groß.“
Als sie ihn unter Kontrolle hatten, kam er langsam wieder zu sich.
„Ihr ungläubigen kleinen
Kriminellen. Ihr kommt damit nicht durch. Die Polizei ist hinter euch her. Sie werden euch früher oder später schnappen. Mit solchen Delikten macht ihr alles nur noch schlimmer für euch. Ihr
Ungläubigen, ihr werdet alle in der Hölle brennen. Der große Gott und seine Propheten werden euch nicht unbestraft lassen“, drohte ihnen der Wächter.
„Halt deinen Mund, du freiwilliger Sklave. Bleib ruhig. Wir tun euch nichts. Ich dachte, ihr haltet nichts von Gewalt. Ist das kein Delikt, zwei Kinder, die nicht nach euren Regeln leben wollen,
gefangen zu halten?“, hielt Lale ihm
vor.
„Du glaubst wirklich, dass es einen Gott gibt? Eure Götter sind nur Aberglaube und erfundene Produkte der Angst aus der Zeit der Unwissenheit“, erklärte ihm Turgay...
„Es ist eine lange Geschichte.
Es hat alles etwa vor sechs Jahren damit angefangen, dass wir jede Nacht als wir an der Müllhalde lebten, alles, was wir im Laufe des Tages von unseren täglichen Tätigkeiten wie Raub, Autos waschen,
Schuhe putzen, Verkauf von Dingen, die wir auf der Müllhalde gefunden haben und allem Möglichen verdient hatten, in eine gemeinsame Kasse getan haben. Alles haben wir für alle ausgegeben, gleich, wer
mehr oder weniger erbeutet hatte. Wir hatten nur ein paar Regeln: Keiner durfte sich für Geld prostituieren, Drogen verkaufen, von den Geldarmen klauen, andere für Geld schlagen und/oder töten. Wir
haben nachts über uns und die Welt diskutiert. Wir haben die Nachrichten in den Zeitungen gelesen. Diejenigen von uns, die nicht lesen und schreiben konnten, wurden von den anderen darin
unterrichtet. Als Chang und Turgay sich uns anschlossen, begannen wir, mehr politische Bücher zu lesen. Wir haben für uns mit der Zeit neue Normen und neue Regeln entwickelt und gesetzt. Alles in
allem war es uns ab da nicht mehr egal, was mit uns und mit unserer Umgebung geschah. Alles hat sich vor Kurzem intensiviert, als eine Freundin von uns erst entführt, zur Prostitution gezwungen und
dann ermordet wurde. Ab da haben wir uns entschieden, nicht nur für uns eine faire kleine Welt zu konstruieren, sondern uns für eine faire Gesellschaft für alle Lebewesen einzusetzen. Wir wollten
keine kleine versteckte schöne Oase für uns und wie Egoisten sein, sondern eine faire Welt für viele konstruieren, die durch die alten Normen leiden oder in ähnlicher Situation leben wie wir. Wir
wissen auch, dass wir nicht imstande sind, das alles zu bewirken, was wir uns vorgenommen haben. Nichtsdestotrotz möchten wir durch unseren Kampf zumindest ein kleines Zeichen setzen oder einen
kleinen Anfang machen“, erklärte Alou....
„Warum gehen die meisten
Erwachsenen mit diesen Dingen anders um? Warum sind die meisten Erwachsenen so kalt, wenn es um nette Sozialität
geht?“
„Schwierige Frage. Wie soll ich es dir erklären? Ich denke, mit den Jahren wandeln sich die Gefühle eines Erwachsenes. Ich denke sogar, dass die meisten Erwachsenen im Laufe der Zeit viel Lebenswichtiges wie Mitgefühl und Liebesgefühl verlieren.“
„Aber wie ist so was möglich? Könnten Sie mir ein Beispiel nennen?“
„Wir nehmen zum Beispiel die Gefühle Traurigkeit und
Betroffenheit. Als ich ein Kind war, war ich traurig und manchmal auch wütend, wenn jemand mir was Unfaires antat. Ich weinte dann. Ich war dann in mich gekehrt, aber ich habe die Täter nicht
gehasst, und ich war auch nicht für längere Zeit sauer, wenn dann für eine kurze Zeit. Aber jetzt als Erwachsener erlebe ich das ganz anders. Ich habe das Gefühl, dass sich bei mir das Gefühl der
Traurigkeit in das Gefühl des Böse seins und des Hasses verwandelt hat. Wenn mir heute jemand was Unfaires antut, dann werde ich nicht traurig, sondern sauer und wütend. Als ich noch jünger war,
tolerierte ich kein unfaires Handeln meines Umfeldes. Ich kämpfte gegen alles, was ich nicht fair fand. Aber jetzt, als Erwachsener, habe ich mich so daran gewöhnt, dass ich manchmal zwischen Fair
und Unfair nicht mehr unterscheide.
Ich bin nur damit beschäftigt, meinen Lebensunterhalt zu verdienen.“
„Und warum ist das so, Herr Doktor?“
„Ich weiß es wirklich nicht, mein Junge. Wahrscheinlich habe ich nicht gut auf meine schönen jungen Gefühle aufgepasst, oder ich bin einfach der Masse gefolgt. Passt ihr nur sehr gut auf eure schönen Gefühle auf. Ihr dürft sie nicht auf dem Weg verlieren. Natürlich dürft ihr nicht für immer Kinder bleiben, aber nehmt die schönen kindlichen Gefühlen mit, wenn ihr erwachsen werdet.“
„Ja, Herr Doktor, versprochen. Das ist ja beängstigend. Das werde ich auch meinen FreundInnen erzählen.“....
Mit drei Jahren hatten sie ihn vom Säuglingsheim in die Anstalt geschickt gehabt. Er sprach sehr wenig und war in sich zurückkehrt. Er lachte nicht. Er war immer traurig. Wenn wir ihn grüßten, streichelte er uns immer mit seiner Hand über den Kopf. Er arbeitete in der kleinen Schreinerei der Anstalt. Als ich neun Jahre alt war, wurde Herr Rahim, der achtzehn Jahre alt wurde, aus der Anstalt entlassen. Wir waren alle sehr traurig als er entlassen wurde. , Ich werde immer für euch da sein, wenn ihr mich braucht’, versprach er uns bei seiner Entlassung. Manche sagten, dass er die Stadt verlassen hätte. Andere hatten ihn vor der Blutbankklink der Stadt gesehen. Sie sagten, er verkaufe Blut, um seinen Alltag zu überwinden. Wir haben nie wieder von ihm gehört bis vor zwei Jahren, als ich zufällig an der Blutbankklink vorbeilief. Er saß auf der Treppe der Blutbank und hat mich erst nicht erkannt. Er sah mit seinen langen Haaren und dem langen Bart schrecklich aus. Seine Klamotten waren abgetragen, und er stank ätzend. Ich habe ihn gegrüßt und ihm erklärt wer ich bin. ‚Du bist es, der kleine Alou. Du bist ganz schön groß geworden. Du bist jetzt ein Erwachsener. Wie geht es dir? Was macht das Leben mit dir?’, fragte er mich.
‚Gut, Herr Rahim. Wie geht es Ihnen?
‚Gut, mein Junge. Ich schlag mich irgendwie durch das Leben. Pass gut auf dich auf. Vertraue niemandem. Alle sind Lügner und Betrüger.“
‚Haben Sie Blut verkauft?“
„Nein. Ich bin nur müde und wollte mich hier auf der Treppe
ein bisschen erholen. Hier nimm diese ein paar Münzen. Die kannst du bestimmt gut gebrauchen. Ja, habe ich, Kleiner. Ich habe Blut verkauft. Ich habe auch vor einem Jahr eine meiner Nieren verkauft.
Ich weiß nicht, warum und wie ich überleben sollte. Ich hasse mich selbst und auch alle anderen.’
Er umarmte mich ganz fest, kehrte mir seinen Rücken zu und ging ohne ein Wort mehr zu sagen weiter. Ich glaube, er wollte nicht, dass ich seine Tränen sehe, die er in dem Moment vergoss. Er wurde
sein ganzes Leben, schon seit seiner Geburt, täglich ein Stück ermordet. Ist er jetzt ein Mörder oder ein Ermordeter? Sagt es mir, sagt es mir“, weinte Alou.
„Bitte nicht, Alou! Bitte hör auf! Die Jüngeren haben Angst. Hör auf, Schöner. Ich stimme dir zu. Er war ein Opfer. Sie haben ihn ermordet und zum Mörder gemacht“, sagte Jasmin und umarmte
ihn...
„Liebe Sozianer, liebe
Sozianerinnen,wir demonstrieren heute unter dem Motto, Gesicht zeigen,“unter dem Motto ‚Soziana bleibt Soziana’ und unter dem Motto ‚Keine Macht den Fremden’.“
Die Leute jubelten: „Gott segne Soziana.“
“Alle Organisationen und Verbände von Soziana wie die Rechte, Rechtsmitte, Rechtsaußen, Rechtsliberale, die Linke, Linksmitte, Linksaußen, Linksradikale, die Liberalen, die Bürgerinitiativen, die religiösen Vereinigungen, alle Gewerkschaften, Syndikate, viele Wissenschaftler, viele Künstler und andere Privilegierte, Frauen, Männer, Kinder, Jugendliche und normale Leute aus allen Schichten hierhergekommen sind, um diesen Vaterlandsverrätern unsere Einheit zu zeigen. Wir sind hier für die Einheit und die Souveränität unseres Vater- und Mutterlandes. Wir alle haben unterschiedliche politische Gedanken und Absichten, aber in einigen wichtigen Dingen sind wir uns trotz unserer Meinungsverschiedenheiten einig: wir sind ein Volk, eine Nation, eine Religion, eine Kultur und gemeinsam Demokraten.”
„Soziana über alles, wir
sind ein Volk, Gott schütze Soziana!”, riefen die Demonstranten.
Unsere Soziana ist eines der wichtigsten und größten Länder der Welt. Wir sind stolz auf unser Vaterland, unser Mutterland. Diese unwissenden, kriminellen Jugendlichen haben gestern respektlos mit
der Verbrennung unserer Flagge gegen unsere Normen und unsere Ehre verstoßen. Sie beleidigten alles, was uns wichtig ist, unsere Helden, unsere Märtyrer, unsere heilige Religion, unsere Königsfamilie
und unsere Sitten. Sie sind zu weit gegangen. Solche gehören nicht zu uns. Sie müssen gestoppt, zur Verantwortung gezogen und dementsprechend bestraft werden und zwar mit null Toleranz. Wir werden
diese Chaoten, diese gewalttätigen Verbrecher, die vom Ausland unterstützt werden, nie dulden. Unsere bisherigen ausländerfreundlichen Politik muss, wie unser Innenminister schon im Gespräch mit dem
König, mit dem Präsidenten Husch und mit anderen hochrangigen Politikern festgestellt hat, geändert und verstärkt
werden....
„Was? Du hast dort eine
Bombe gelegt? Bist du verrückt?“, rief Lale wütend.
„Nein, denn ich habe natürlich keine Bombe gelegt. Ich habe das nur inszeniert, damit unsere FreundInnen und ich ungestört von dort abhauen konnten. Ich habe dort einen Müllsack abgelegt“, erklärte Larson.
„Also gab es gar keine Bombe?“, fragte Jasmin.
„Natürlich nicht. Ich habe einen Müllsack in einer Ecke deponiert und telefonisch eine Bombenwarnung durchgegeben. Ich würde doch nie so einen Blödsinn machen. Ich bin doch nicht wie die Regierenden“, antwortete Larson.
„Diese Drecksäcke. Im Fernsehen wurde berichtet, dass die Spezialeinheiten von Soziana die Bombe, die wahrscheinlich von den Nachtduftbergkindern gelegt wurde, entschärft hätten“, erzählte Perschow.
„Ihr ganzes System ist eine große Lüge“, sagte Agron.
„Also haben sie den
Müllsack, den ich in die Ecke gestellt hatte, entschärft“, meinte Larson.
Alle lachten.
„Und? Wie ist eure
Entscheidung?“, fragte Lale die drei, die in diesem Moment in Halle zurückkehrten.
„Es ist korrekt, was ihr macht. In einem aggressiven System, das die Welt regiert, bleibt uns leider keine andere Wahl, als auch von Waffen Gebrauch zu machen, wenn es nötig ist. Das ist Notwehr. Die
GewalttäterInnen bestimmen leider die Kampfregeln, weil sie in der Übermacht sind“, entgegnete Samija. „Wir sind
dabei.“...
„Jahrtausende alte Unbildung
der Lebewesen über Gewalt, Ausnutzung, Ausbeutung, Aberglauben und Unterordnung der Lebewesen umzustrukturieren ist eine schwierige Aufgabe, die wir uns gestellt haben“,
erklärteTurgay.
„Aber es macht Spaß, es zu versuchen. Wir machen den Anfang“, rief Siran.
„Ich bin ganz deiner Meinung, Siran. Übrigens, möchte ich hier und heute ein für alle Mal eines klarstellen. Nanako, Siran und ich sind keine Kinder mehr im Sinne der allgemeinen Definition. In Wirklichkeit sind wir es nie gewesen. Deshalb möchten wir auch nicht mehr von der Gruppe als solche behandelt werden“, sagte Agron.
„Wir möchten, dass ihr alle es versteht und akzeptiert“, fügte Nanako hinzu.
„Einverstanden“, sagte Jasmin.
„Einverstanden was? Ist das alles?“, fragte Agron.
„Okay. Hiermit erklären wir euch zu Erwachsenen. Ab jetzt seid ihr erwachsen geworden“, erklärte Hame Karate lächelnd.
„Nein. Wir möchten nicht was werden. Wir waren und wir sind
Lebewesen wie jeder andere. Wir möchten nur, dass wir gleich behandelt, akzeptiert und respektiert werden in allen Pflichten und in allen Zuwendungen, nicht mehr und nicht weniger“, sagte
Agron.
„Einverstanden, kleiner Bruder“, sagte Hame Karate, während er ihn umarmte.
„Seid ihr alle der gleichen Meinung?“, fragte Siran.
„Ja, sind wir, mein Schatz“, antwortete Lale, während sie sich eine Träne von der Wange wischte....
Fünf Monate waren vergangen.
Die Versuche der Nachtduftbergkinder, Demonstrationen zu organisieren, wurden jedes Mal durch die Anwesenheit der Polizei, deren Kontrollen und Festnahmen von verdächtigen Kindern und Jugendlichen
vereitelt. Tabara und Akihiko waren vor vier Monaten in einer nächtlichen Aktion der Geheimdienste in ihren Häusern überfallen und entführt wurden. Samija war es gewesen, die den Nachtduftbergkindern
diese Nachricht überbracht hatte. Seitdem lebte auch sie bei ihnen. Larson war seit fünf Monaten spurlos verschwunden. Deshalb hatten die Nachtduftbergkinder während dieser Zeit ihren Aufenthaltsort
gewechselt und waren in die Kanalisation der Südstadt zurückgekehrt. Sie beseitigten eine Mauer, durch die die alte Kanalisation und die neue vor Jahren getrennt worden waren. Danach bauten sie die
Mauer wieder auf und ließen sich einen engen Eingang mit einem verschließbaren kleinen Gitter. Sie verließen die Kanalisation nur in Notfällen, um Besorgungen zu machen und Aufklärungsflugblätter in
der Stadt zu verteilen. Die Internetseite, die von Samija und ihren FreundInnen betrieben worden war, war seit der Entführung von Tabara und Akihiko von den Geheimdiensten gesperrt. Ihr einzigen
Kontakte zur Außenwelt waren das Handy von Larson, ein Radio, das Samija mitgebracht hatte, und die Zeitungen, die sie von ihren meist nächtlichen Ausgängen mitbrachten. Die sozianische Medien
vermeldeten täglich Erfolge der Polizei gegen die Nachtduftbergkinder. Nach den Meldungen wurden viele bewaffnete kriminelle Straßenkinder, damit meinten sie die Nachtduftbergkinder, im Kampf gegen
die Sicherheitsbeamten getötet oder festgenommen. Die Polizei nannte ihre Angriffe auf die Straßenkinder und andere, die sich politisch gegen die Gewalt wehrten, Säuberungsaktionen. Die
MachtbesatzerInnen nutzten die Situation und verschärften die Gesetze zu ihren Gunsten und zum Nachteil der MigrantInnen und ihrer politischen
GegnerInnen...
Er wäre Polizist geworden, um
den Lebewesen zu dienen und nicht, um sie zu vernichten. Ihm wurde wegen Befehlsverweigerung durch das Gericht auch sein Anspruch auf alle finanziellen Zuwendungen aberkannt, auf die er normalerweise
Anspruch gehabt hätte. Bei seinem Schlusswort im Gerichtsaal sagte er zur seiner Verteidigung: „Ich sehe das nicht als Straftat, ein Lebewesen, dessen Leben in Gefahr war, freizulassen, ganz im
Gegenteil. Ich würde es noch mal machen. Ich bin Polizist geworden mit der Absicht, wie wenige andere meiner KollegInnen, den Lebewesen in Not zu helfen. Aber mit der Zeit habe ich zur Kenntnis
nehmen müssen, dass das System nicht so funktioniert, wie ich es mir vorgestellt hatte. Den Entmachteten, den Geldarmen und den Schwächeren zu helfen ist nur bedingt möglich. Du kannst ihnen als
Funktionär nur helfen, wenn es zugunsten dieses Geldsystems ist, als Propaganda und Bestätigung des Systems. Jetzt weiß ich, dass meine Ideale und Träume als Helfer durch Polizeiarbeit nicht richtig
waren.“ ...
Richard öffnete den Koffer.
Darin lagen USB-Sticks, CDs und einige Dokumente.
„Nehmen wir bisschen Geld mit? Das könnten wir gebrauchen“, fragte Agron.
„Ja. Das ist eine gute Idee.“
Sie warfen ein paar Geldbündel in den Koffer und begossen den
Tresorinnenraum mit Benzin.
„Was macht ihr denn da! Ihr könntet mit dem Geld ein sorgloses und glückliches Leben führen. Bitte tut das nicht“, bettelte
Richard.
„An jedem Stück Geld, das du gesammelt hast, kleben Blut und Schweiß von Lebewesen, die du und deine Leute umgebracht, gefoltert, ausgebeutet und unterdrückt haben“, erklärte Chang Acht Mäntel.
„Ihr könnt damit machen, was ihr wollt. Bitte tut mir nichts.
Ich habe zwei Kinder“, sagte Richard, als er merkte, dass die Nachtduftbergkinder es sehr ernst meinen.
„Von wie vielen unschuldigen Lebewesen, die du umgebracht hast, hast du diesen Satz gehört, du Sozialparasit?“, fragte
Larson.
„Okay. Wir sind hier fertig. Lasst uns gehen“, sagte Chang Acht Mäntel.
„Was machen wir mit Richard?“, fragte Larson.
„Das entscheidet Harald. Er kennt ihn am besten“, antwortete Chang Acht Mäntel, während er Harald in die Augen schaute.
„Bitte lasst mich mit euch kommen. Ich könnte euch helfen. Ich habe doch gemacht, was ihr von mir verlangt habt“, sagte Harald.
„Wenn ich dich sehe, muss ich die ganze Zeit an unsere kleine Schwester Aleli und andere denken, die du und deine Kollegen umgebracht habt. Jetzt bist du alt genug, um zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Sei froh, dass wir dich am Leben lassen. Verschwinde! Für dich gibt es kein anderes Mal, wenn wir dir noch mal begegnen, dann werden wir dich sofort erschießen, um andere vor dir und deinesgleichen zu schützen. Ab jetzt bist nur du für dein Tun verantwortlich, nicht deine Situation und auch nicht deine Vergangenheit, weil du jetzt zur Erkenntnis gekommen bist“, antwortete Turgay.....
„Der Weg, den wir gehen, wird
hart sein. So was könnte auf unserem Wege immer wieder passieren. Wir müssen stark sein. Vergesst bitte nicht, worum es geht. Tagtäglich töten diese Parasiten weltweit Tausende von uns durch Hunger,
Folter, Krankheiten, Kriege und ihre andere Sorten von Gewalt und das seit Tausenden von Jahren. Sie zwingen uns, zu solchen Methoden zu greifen. Die MachtbesatzerInnen werden wegen Bitten, Logik,
Sinn, Verstand und Betteln nicht damit aufhören. Es ist sehr schwer, Lebewesen zu vernichten, gleich, ob gut oder böse. Was sollen wir sonst tun? Ich hoffe, dass wir oder unsere Nachkommen eine neue
Welt konstruieren, in der so was nie wieder vorkommt. Unter den bestehenden Verhältnissen, die sie bewerkstelligt haben, ist es leider unvermeidlich, manchmal so was zu tun“, erklärte
Badria....
„Sie haben Richard umgebracht.
Wir müssen sie ab jetzt sehr ernst nehmen und besser auf uns aufpassen“, sagte Elisabeth von Hausen.
„Ach was? Ich weiß es nicht, wie sie es geschafft haben, ihn zu töten. Gegen uns haben sie keine Chance. Ich möchte ihnen gern begegnen und diesem Chang Acht Mäntel das Gehirn wegpusten“, sagte Sirwan aggressiv.
„Sirwan, so einfach ist es nicht. Das ist kein Spiel. Ich glaube, sie meinen es jetzt ernst. Ich habe langsam Angst vor ihnen“, sagte Janet besorgt.
„Hallo, habt ihr vergessen, wer sie sind? Arme, schwache und dreckige Kinder und Jugendliche, die im Müll gelebt haben. Ist es da logisch, dass sie gegen uns ankommen?“, fragte Sirwan lächelnd.
„Nein. Aber trotzdem müssen wir aufpassen. Sie haben nichts
zu verlieren, und genau das macht sie aus. Sie haben vor nichts und niemandem Angst“, erklärte Elisabeth von Hausen.
„Da stimme ich dir zu. Mein Vater gab mir denselben Ratschlag, als ich mit ihm über diese Straßenkinder sprach“, sagte
Mohamed.
„Ihr übertreibt maßlos. Ihr überschätzt sie, weil sie Richard
getötet haben. Ich habe keine Angst vor ihnen. Ich werde sie erledigen, mit oder ohne eure Hilfe“, sagte Sirwan aufgebracht.
„Beruhige dich, Sirwan. Wir sind natürlich auf deiner Seite. Nur sind wir der Meinung, dass wir sie ein bisschen ernster nehmen sollten“, sagte Elisabeth von Hausen.
„Ab jetzt gehen wir nie allein auf die Straße. Wir werden immer bewaffnet ausgehen. Wir meiden die Südstadt und ihre Umgebung, und wir müssen immer aufmerksam sein“, sagte Amine.
„Woher weißt du, dass sie sich in der Südstadt aufhalten? Sie sind doch nicht so dumm. Sie wissen doch, dass sie da vermutet werden“, fragte
Jane.
„Ja. Daran habe ich nicht gedacht. Sie können überall sein“, sagte Amine....
Bei der Konferenz waren die
Medien nicht zugelassen. Sie findet jährlich an einem sicheren Ort statt. Dort treffen sich die Präsidenten und ihre Sicherheitsexperten der sogenannten Industrieländer, um ihre alten und neuen
Sicherheitspläne abzugleichen. So sichern sie sich militärisch die von ihnen abhängigen Länder und teilen sie unter sich auf. Sie machen neue militärische Pläne, um ihre Märkte und ihre politischen
Zielsetzungen zu sichern.
Immer wieder gibt es einige wenige Leute, die sich während solcher Treffen in der Nähe versammeln und dagegen demonstrieren. Die Medien, die selbstverständlich auf der Seite der MachtbesatzerInnen
ist, weil sie sich im Besitz der Geldreichen befinden, nennen diese GegnerInnen Chaoten, Radikale, Unruhestifter und politisch Unwissende. Um diese GegnerInnen vom Veranstaltungsort fernzuhalten,
sind immer Tausende Polizisten im Einsatz.
„Wie Sie alle wissen, sind überall neue Organisationen entstanden, die unser System infrage stellen und es bekämpfen. Ich weiß auch, dass wir Regierenden im Laufe der Geschichte immer wieder mit so
etwas zu tun hatten. Wie unsere Vorfahren werden wir diese Gegner beseitigen. Bislang waren unsere Gegner uns sehr ähnlich. Sie wollten an die Macht, obwohl sie so taten, als wären sie gegen die
Macht gewesen. Sie spielten immer die Retter des Volkes. Sie spielten die Friedlichen und die Sozialen, bis sie an die Regierung kamen. Ihre Politik war ausgesprochen populistisch und durchsetzt von
nationalistischen, religiösen und traditionellen Methoden. Sie appellierten an die Emotionen der Bevölkerung, und so gelang es ihnen hin und wieder in manchen Gebieten der Welt, dort, wo die
PolitikerInnen nicht stark genug waren, die Macht zu übernehmen. Wir kennen also das ganze Spiel. Aber Achtung, jetzt ist in Soziana vor Kurzem eine neue politische Bewegung entstanden, die sich von
allem unterscheidet, was wir bis jetzt kannten und was sich weltweit verbreitet hat. Sie wollen nicht regieren. Sie wollen nicht führen. Sie wollen keine Macht. Sie wollen keinen Reichtum. Sie wollen
keinen Ruhm. Sie halten nichts von Helden und Idolen. Sie kämpfen nicht für ihr Vaterland. Sie kämpfen nicht für ihre Religion. Sie kämpfen nicht für ihre sogenannte Rasse. Sie kämpfen nicht für ihre
sogenannte Ehre und Kultur. Sie kämpfen nicht für mehr Rechte. Sie kämpfen nicht für die Gleichberechtigung von Frau und Mann oder irgendwelchen Minderheiten und Mehrheiten. Nein, sie halten von
diesen Sitten, Werten und Problemen gar nichts. Sie lehnen alle Grenzen ab. Sie wollen eine neue Welt konstruieren, in der solche Normen und Regeln nicht existieren. Sie wollen eine neue
Weltgemeinschaft, in der alle finanziell gleichgestellt sind. Eine Welt ohne Reichtum und ohne Armut, eine Welt ohne Machthaber und Untertanen, ein Wirtschaftssystem, das sich nach den Bedürfnissen
der Bevölkerung richtet und nicht nach dem Gewinn. Das würde heißen, dass wir alles verlieren, was wir besitzen. Wie Sie sehen, unterscheidet sich diese Bewegung völlig von den konventionellen, die
wir kennen“, sagte Kenedy, Präsident der Bündnisarmee aller Geld- und Machtreichenländer....
Der Professor sprach sehr laut über Prostitution und Kinderprostitution. Wir hatten den Eindruck, dass er seinen StudentInnen und den Gästen auf diese Weise mit seiner sogenannten höheren Bildung imponieren wollte. Er war sehr arrogant und selbstgefällig, dass wir es nicht länger ertragen konnten. Alou fragte ihn sehr nett, ob wir uns zu ihnen setzen und mithören dürften.
Erst fand er diese Nachfrage von Alou sehr schmeichelhaft und bat uns an seinen Tisch, während er seine StudentInnen anschaute. Er prahlte, während er über Prostitution sprach. Seine StudentInnen schrieben jedes seines Worts auf.
Er sagte, Prostitution müsse sozial, politisch und gesellschaftlich als ein Beruf wie jeder andere anerkannt werden, da sie eines der ältesten Gewerbe der Welt sei. Er habe nur etwas gegen Zwangsprostitution. Wenn erwachsene Menschen sich prostituierten, gehe dies keinen etwas an. Es sei ihr freier Wille. Was die Kinderprostitution beträfe, so sei er ganz dagegen, obwohl er seine Zweifel habe. Manche dieser Kinder hätten keine Chance zu überleben, würden sie sich nicht prostituieren. Das wäre auch altersbedingt. Bis zur Vollendung des vierzehnten Lebensjahres gälte man als Kind. Aber die Kinderprostituierten seien oft sehr viel jünger und ernähren ihre Familien. Was sollten sie denn auch sonst tun, wenn sie keine andere Wahl hätten? Andere Kinder gehen auch auf die Felder, in Nähfabriken, auf den Bau oder arbeiten in anderen Industriebranchen, um sich und ihre Familien durchzubringen.“
Da unterbrach Jasmin sein Monolog:„Herr Professor, ich
dachte, das Gesetz erlaubt die Prostitution, sie ist doch ein anerkannter Beruf in Soziana, oder nicht?“
„Das stimmt. Aber nichtsdestotrotz wird dieser Beruf von vielen Leuten abgewertet und diskriminiert“, erklärte der
Universitätsprofessor.
„Aber Sie haben damit keine Probleme? Sie sehen die Prostitution als einen ganz normalen Beruf wie Bäcker, Bauer, Lehrer und so weiter“, fragte Alou.
„Was für eine Frage. Aber selbstverständlich“, antwortete der
Professor mit einem Lächeln.
„Glauben Sie an Gott?“, fragte Alou weiter.
„Ja klar, wie die meisten Menschen auf der Welt glaube ich an
Gott und an die Lehren des Bibkor.“
„Wenn ich mich nicht irre, wird in allen Religionen eurer Welt die Prostitution verachtet, verdammt und verboten. Nach euren Religionen landen die Prostituierten im Feuer der sogenannten Hölle“,
sagte Jasmin.
„Nun ja. Die heutigen Gläubigen sind sehr modern eingestellt
und sehen das nicht so eng. Übrigens passt sich die Religion den neuen Zeiten an“, erklärte der Professor.
„Ach ja? Und ich dachte, im Bibkor stehen die Worte und die Regeln eurer Götter und die seien unveränderlich. Das stimmt also nicht“, sagte
ich....
„Nach unseren Informationen sind das nicht nur ein paar Kinder und Jugendliche aus Soziana, die sich organisiert haben. Ihre Bewegung hat eine Eigendynamik bekommen. Mittlerweile existiert die Bewegung in allen Ländern. Hinzu kommt, dass sich ihr auch viele alte und neue Systemgegner anschließen, die überwiegend Erwachsene sind“, fügte der Geheimdienstpräsident der MI (Militärbündnis Industriestaaten) Adolf zu.
„Die Lage ist sehr
ernst. Wir müssen sie sehr hart bekämpfen. Findet alles über diese Leute heraus. Inszeniert irgendwelche Sachen und Beweise gegen sie und veröffentlicht sie. Jetzt brauchen wir dringend die Hilfe der
religiösen Führer aller Religionen weltweit. Sie müssen diese Gegner mit ihrer moralischen Propaganda verteufeln“, sagte Husch.
„Herr Adolf, vernichten Sie sie, wo Sie können, aber nach Ihren bekannten Methoden. Spielen sie diese Leute gegeneinander aus. Kaufen Sie sie. Hetzen Sie sie. Sie haben freie Hand. Machen Sie mit
ihnen, was Sie wollen. Wir müssen mit aller entschlossenen Härte gegen sie vorgehen, bevor es zu spät ist“, sagte der politische Berater der MBI, Cannter.
„Wir müssen die Medien besser nutzen. Sie haben großen Einfluss auf die Bevölkerung. Sie sollen diese neue Bewegung systematisch kriminalisieren“, sagte Kenedy.
„Herr Kenedy, wir können doch die Medien nicht dazu zwingen“, wandte Adolf ein.
„Herr Adolf, das müssen Sie auch nicht. Es kann sein, dass es einige kleinere Mediengruppen gibt, die nicht kommerziell und auf unserer Seite sind. Dafür besitzen sie auch nicht viel Macht. Die
meisten Medien und die gesamte Unterhaltungsindustrie wie Kunst, Musik, Sport und Film befindet sich im Privatbesitz der Reichen. Das sind unsere Leute und Leute wie wir. Wie wir würden sie alles
verlieren, was sie haben, wenn uns die neue Bewegung besiegt. Das müssen Sie ihnen deutlich machen, dann werden sie auch auf unserer Seite
kämpfen.“....
„Auf gar keinen Fall. Wir lieben Sex. Jede/r soll es mit wem und wann freiwillig machen, aber nicht aus Not oder durch Gewalt dazu gezwungen, und nicht, um damit Geschäfte zu machen, sondern um es zu genießen. Liebe ist kein Produkt, keine Ware. Sie ist sehr persönlich. Die Lebewesen sind kein Humankapital beziehungsweise keine SklavInnen, wie die Diener des Geldsystems das behaupten. Wir haben Respekt vor diesen Frauen, Männern und Kindern, die sich prostituieren müssen. Das sind unsere Mütter, Väter und Geschwister. Wir finden es sehr traurig, dass sie durch dieses dreckige System gezwungen werden oder sind, Sex zu verkaufen. Wir sind gegen die Prostitution und nicht gegen die Opfer der Prostitution“, sagte ich.
„Wisst ihr was? Ich
denke, ihr seid grundsätzlich gegen unser System“, sagte er.
"Ach was? Wie schrecklich! Sie sind ja ein ganz Schlauer. Vermitteln Sie weiter Ihren Müll an diese Karrieretypen. Sorgen Sie weiter so fleißig für den Nachwuchs Ihres kranken Systems. So werden Sie
vielleicht Ihren vorgesetzten Herren besser gefallen und womöglich werden sie Sie vielleicht mehr belohnen. Auf Wiedersehen“, sagte
Jasmin....
„Für alle Fälle ist es besser, ein paar von uns bleiben hier. So bleiben genug von uns übrig, um weiterzukämpfen. Ansonsten werden wir den MachtbesatzerInnen alles leicht machen“, sagte Badria.
„Einverstanden. Auf der Demonstration werden wir uns überall in kleinen Gruppen verteilen“, sagte Taifun.
„Ich bin so froh, dass die kalte Jahreszeit vorbei ist“, sagte Siran.
„Ja, ich auch, aber durch die Wärme stinkt es jetzt mehr in der Kanalisation“,
antwortete Agron.
„Das stimmt. So ist es mir aber lieber als die Kälte.“
„Macht euch deshalb keine Sorgen, kleine Brüder. Eines Tages werden wir auf all das zurückblicken, und es wird nur noch eine Erinnerung sein“, tröstete Badria.
„Ich wünsche es mir“, antwortete Siran.
„Perschow, kannst du für uns alle neuen Klamotten besorgen? Ganz normale, damit wir
auf der Demonstration nicht durch unsere abgetragenen Klamotten auffallen“, sagte Jasmin.
„Kein Problem. Wer möchte mich begleiten?“, fragte Perschow.
„Ich würde dich gerne begleiten“, sagte Costa.
„Ich auch“, schloss Anatoli sich an.
„Dann kommt mit. Wir werden meine Mutter und Rafik, meinen Bruder, darum bitten, uns Kleidung zu besorgen. Wir werden morgen früh zurückkommen. So kann ich auch meine Mutter und meine Geschwister endlich besuchen“, sagte Perschow.
„Bitte grüß sie ganz herzlich von uns“, trug Lale ihm auf.
„Werde ich machen.“
„Hier, nimm das Geld mit. Seid vorsichtig“, sagte Jasmin.
„Das ist aber sehr viel Geld, Jasmin! Für die Klamotten genügt doch nur die Hälfte“,
meinte Perschow.
„Ja, das wissen wir. Der Rest ist für deine Mutter, damit sie einige Zeit weniger arbeiten muss“, sagte Turgay.
Ich verstehe es nicht, warum ist den Lebewesen das Geld und alles, was mit ihm zu tun hat, so wichtig? Wenn alle gleiche Chancen hätten und in der gleichen finanziellen Lage wären, gäbe es viele ernsthafte Probleme gar nicht mehr. So würden die meisten Kriege und Konflikte aus der Welt beseitigt. Dann könnten die Lebewesen sich doch um wichtigere Dinge des Lebens wie Liebe, Freundschaft, Genuss und Bildung kümmern“, sagte Nanako.
„Das stimmt. Ich glaube, dass die meisten Lebewesen über das Geld so denken wie du beziehungsweise wie wir. Aber sie sind so in den funktionalen, üblichen und gewöhnlichen Alltag eingebunden, dass es ihnen schwerfällt, die Dinge zu ändern. Und es gibt auch die Lebewesen, die es nicht wollen, weil sie durch eine so große Veränderung ihr Geld und demzufolge ihre Macht zu verlieren. Übrigens, Geld ist nicht nur Papier, wie manche es behaupten. Überall auf der Welt ist das Geld gleich mit der Nahrung und allen anderen lebensnotwendigen Dingen zum Leben. Das bedeutet, wenn eine/r eine Milliarde auf seinem Bankkonto hat, hat er eine Milliarde Brot auf seinem Bankkonto. So entzieht er alle anderen den Zugang zu ihnen“, erklärte Hame Karate.
„Ich verstehe es immer noch nicht. Wissen diese Lebewesen nicht, dass unsere Lebenszeit auf der Erde, so wie wir sind, limitiert ist? Dass wir nicht für Tausende von Jahren leben?“, fragte Agron.
„Ich denke schon, dass sie es wissen. Die meisten wollen gar nicht daran denken. Sie verdrängen es“, entgegnete Lale.
„Übrigens, wie ihr wisst, glauben die meisten von ihnen an das ewige Leben. Sie denken, dass sie nach ihrem Tod in ihrem von ihrer Fantasie erfundenen Paradies oder in der Hölle weiterleben. Sie wollen es nicht akzeptieren, dass wir, wie alles andere auf der Welt, vergänglich sind“, erklärte Alou.
„Das stimmt, Schöne. Wir alle wünschen uns, es gäbe einen anderen Weg. Die MachtbesatzerInnen bestimmen die Kampfmethoden. Sie werden nie freiwillig auf ihren Geldreichtum, die Ausbeutung der Arbeitenden und die Macht verzichten. Ich hoffe, dass diese Bewegung über kurz oder lang eine faire und schöne Welt für alle konstruiert, sodass unsere Nachkommen über solche Aggressionen nur in den Büchern lesen und in den Medien sehen werden“, antwortete Lale....
„Macht euch keine Sorgen um mich. Jetzt fühle ich mich ein bisschen besser“, sagte Jale mit trauriger Stimme.
„Sie sollen endlich
aufhören zu schießen. Es ist mitten in der Nacht. Ich kann es nicht mehr aushalten“, schrie Harald wütend, während er sich mit beiden Händen die Ohren zuhielt.
„Wir müssen weg von hier. Die Schüsse nähern sich uns immer mehr“, drängte Lale.
„Jale, ich weiß nicht, ob es jetzt der passende Moment ist, aber ich möchte dir was Wichtiges sagen: dass ich dich über alles liebe“, sagte Khabat verschämt und leise.
„Ich dich auch, mein Alles“, antwortete Jale weinend und umarmte Khabat ganz fest.....
Eure sogenannte Demokratie ist nicht mehr als eine Täuschung durch die Aufstellung der Regeln, die den Geldreichen und den MachtbesatzerInnen alles erleichtern. Täglich sterben 28800 Kinder auf der Welt durch Hunger. Wenn ich die Erwachsenen dazu zähle, die auch täglich durch den Hunger sterben, dann wird sich die Zahl bestimmt verdoppeln. Ist das eure perfekte Demokratie? Wir aber gehören nicht zu den Schwachen und den Unwissenden. Wir haben die Wahl. Wir werden irgendwann, vielleicht sogar sehr bald, den MachtbesatzerInnen zeigen, dass wir diese Weltordnung und eure sogenannte Demokratie so, wie sie ist, nicht mehr hinnehmen und zulassen. Wir werden eine faire Weltordnung kreieren, in der keine/r auf Kosten der anderen lebt. Wir werden die geldreichen Schmarotzer und ihre Machenschaften stoppen. Und wenn wir es nicht hinkriegen, dann haben wir ihnen endlich zumindest eine gute Lektion erteilt“, antwortete Frau Natascha.
„Was wollt ihr von uns?“, fragte Afrasiab schlecht gelaunt.
„Wir werden von der Polizei gesucht. Wir brauchen eine Bleibe. Ein großer Teil von uns ist noch in der Stadt. Wäre es möglich, dass wir uns hier für einige Zeit bei dir verstecken, bis wir ein paar Sachen geregelt haben?“
Aber wenn wir euch hier verstecken, besteht die Möglichkeit, dass wir Probleme bekommen“, wandte Afrasiab ein....
„Nein, auf gar keinen Fall. Das kann in jeder Gesellschaft passieren. Unsere Regierung hat in den letzten Jahren sehr viel Geld in die Bildung der Fachkräfte, in die sozialen
Einrichtungen und in die psychologische und pädagogische Kinder- und Jugendhilfe investiert. Ich möchte hier keine Schuldzuweisungen machen. Aber ich denke, der Rest ist die Aufgabe der Pädagogen,
der Psychologen und anderer Fachkräfte.“
Die ZuschauerInnen applaudierten.
„Ja, aber was ist mit der Verantwortung der Eltern, Frau Hulland?”, warf Haider
ein.
„Entschuldigen Sie, Herr Haider. Wir machen eine kurze Unterbrechung für die Werbung und fahren dann mit der Diskussion fort“, sagte der
Moderator.
„Die sozianische Waffen im vorherigen Weltkrieg morgen um zwanzig Uhr exklusiv im Ersten.” „Paullina Bier.“ Die Volksbank…
„Nanako, mach bitte das Fernsehen so lange leise.“
„Was passiert da? Was haben sie mit uns vor? Es wird immer schlimmer. Das kann nicht wahr sein“, sagte Jasmin.
„Ich bin überhaupt nicht überrascht. Sie suchen Opfer, um ihre Systemgegner zu beseitigen. Sie machen so der Masse Angst, und so haben sie freie Bahn für ihre Untaten. Nanako, mach bitte den Ton an. Es geht weiter“, sagte Turgay....
„Arbeit ist nicht gleich
Arbeit. Die heutigen MachtbesatzerInnen und ihre VorgängerInnen haben, aufgrund ihres Verständnisses von Arbeit, pro Lebewesen auf der Welt vierhundertfünfzig Kilogramm Sprengstoffmaterial
hergestellt, obwohl sie für die Vernichtung einer Person, eines Lebewesen und einem von uns nur ein paar Gramm davon bräuchten. Waffen zu kaufen und zu verkaufen ist in ihrer sogenannten Demokratie
etwas Selbstverständliches. Wie dumm ist das? Wie dreckig? Wie unzivilisiert? Wie antisozial sind sie, dass sie mit solchen Geldern sich und ihre Kinder ernähren? Ihre übliche Argumentation lautet
immer: ‚Wenn wir keine Waffen herstellen, kaufen oder verkaufen, dann machen es die Anderen.’ Ich übersetze es für die Dummen: Wenn sie nicht morden, dann morden die Anderen! Also: Wir müssen
Arbeitsplätze abschaffen. Die für das Zusammenleben und Überleben notwenigen Arbeitsplätze müssen wir unter allen
Lebewesen aufteilen. So werden wir auch mehr Zeit zum Leben haben. Die Wirtschaft, die notwendige Industrie, die Verwaltung der Allgemeinregeln müssen wir so organisieren, dass sie uns das
Zusammenleben leichter machen, uns aber nicht regieren. Wir gehören alle zur Erde, oder die Erde gehört uns. Je nachdem, wie wir es sehen wollen. Deshalb müssen wir auch endlich ohne Bedingung
akzeptieren, dass jede/r ihren/seinen Platz selbst aussuchen kann, wo sie/er leben möchte. Wir müssen die imaginären Landesgrenzen, die wie ein Zaun der Geldreichen und der MachtbesatzerInnen
fungieren und dienen, aus unseren Köpfen löschen“, erklärte Perschow.